Haus Tobias Familienpflege und kulturelles Gestalten






Das Haus
Seit über zwei Jahrhunderten dient das Hochstudhaus in Niederbipp am Jurasüdfuss, generationenlang über den First geteilt, Jung und Alt als Wohnstatt und Lebensraum. Bis in die Zeit des Autobahnbaus standen im Ostflügel noch eine Handvoll Kühe und im Westteil wirkte und hauste bis vor Jahren der, den man im Dorf den "Sarghänsu" nennt. Über der gemeinsamen Eingangstür im Süden ist, arg verwittert und verblichen, noch zu lesen: MEIN FREUND, DU KAMST MICH ZU BETRACHTEN...

In den Ausmassen gleich, hat das Haus sich doch verjüngt, eine intakte Dachhaut bekommen, dazu Licht-Einlässe, hinter denen Pflanzen gut gedeihen. Und Menschen, ob als Besuch oder als Dauergäste, fühlen sich dort wohl. Dies begann mit den ersten Renovationsarbeiten 1989; im Winter und Frühjahr 94 dann der Einbau von Wohn- Aufenthalts- und Werkräume; zwei Jahre später der Mehrzweckraum und das Webatelier im Anexgebäude.
Nachdem eigentumsrechtlich die Hausteile vereinigt werden konnten, mögen sie von aussen und innen betrachtet, nunmehr zusammenwachsen. Dass diese Entwicklung möglich wurde, lässt sich zurückführen auf der Initiative einzelner Menschen und einen weltumspannenden Impuls.

Die Aufgabe
Ehe das Haus zu seinem heutigen Namen und aktueller Gestalt kam, waren Konzeptionen und Initiative gefragt. Dies vor dem Hintergrund gravierender Mängel und Lücken in Bezug auf die Lebenssituation von Jugendlichen und Erwachsenen, die besonders der Pflege, Sozialbegleitung und Förderung bedürfen. Offensichtlich waren die Anstrengungen von Bund und Kanton nicht ausreichend. Das Ehepaar Cohen-Schneeberger beantwortete die Frage, ob diese Zeitgenossen in Anstalten oder Gruppensystemen leben sollten, in der Weise, dass sie zu ihren zwei Söhnen zuerst zwei, später fünf Menschen in den gemeinsamen Haushalt integrierten, die vordem in Kliniken dahinlebten, dahin hätten eingewiesen werden sollen, oder in herkömlichen Einrichtungen keine Aufnahme gefunden hatten.
FAMILIENPFLEGE / PFLEGEFAMILIE. So war es auch im Konzept zu lesen. Aber mitunter ist ja gerade das Naheliegende so schwer zu realisieren. Kunterbunter Alltag mit persönlichen Schwächen, wechselnden Bedürfnissen, verschiedenen Intensitäten und dergleichen im Innern, Kopfschütteln, Klatsch und bürokratische Barrieren aussen.
Während einer Konsultation mit zwei Dauergästen bei Dr. H. Schneider, Bern, erkundigte sich dieser en passant nach "einem richtigen Namen" für die junge Kleininstitution. Wir mussten nicht lange überlegen, kannten wir doch die Geschichte von Tobit, dem bei aller Gottesfurcht Erblindeten und seinem Sohn Tobias, der unter Führung des Engels Raphael hilfreich wurde.
Dass es auf der ganzen Erde Häuser gleichen Namen gibt, Menschen, die sich mit der Essenz dieser uralten Geschichte verbunden wissen, freut uns und schenkt Zuversicht.

Die heutige Situation
Mittlerweile leben im HAUS TOBIAS sieben pflege- und betreuungsbedürftige Menschen. Zehn Erwachsene mit verschiedenen Ausbildungen und Arbeitsschwerpunkten übernehmen in unterschiedlichen Zeiträumen die jeweilige Sozialbegleitung. Einige Dauergäste haben gewechselt. Viele mehr noch suchen eine solche Lebensform. Mit menschlicher Nähe und verlässlicher Stützung. Sie wollen nicht von Jobbenden und Leistungsanbietern umgeben sein. In einer Zeit der Janusköpfe: Qualitätssicherung und Genmanipulation, Pflegerationierung und Bedarfsplanung, ...

In der sozialen Unternehmung HAUS TOBIAS ist die Betriebsgruppe, in besonderer Weise deren Leitung, für sämtliche Aspekte und Funktionsbereiche verantwortlich; angefangen bei der Tagesgestaltung und individueller Sozialbegleitung, deren Finanzierung, bis hin zu Unterhalt und Ausbau der Liegenschaft (alles bislang ohne Kantons- und Bundesgelder). Ohne die Unterstützung der Menschen im "Förderverein Haus Tobias" ohne die Einsicht und das Vertrauen von Angehörigen, Rechtsvertretern, einzelner Behörden- und Bankenmitglieder und Anderer wäre das Haus Tobias nicht das originäre, was es heute ist.